Sexarbeit in Deutschland: Der Druck nimmt zu

Studie „Sexuelle Gesundheit und HIV/STI-Präventionsstrategien und -bedarfe von Sexarbeitenden“

Zwei Jahre lang hat sich die Deutsche Aidshilfe im Rahmen einer partizipativen qualitativen Studie mit den Bedarfen von Sexarbeiter*innen auseinandergesetzt. Auf dieser Seite fassen wir die Ergebnisse zusammen und präsentieren die Empfehlungen. Unten finden Sie auch Kontaktmöglichkeiten.

Hilfsangebote wichtiger denn je
Was brauchen Sexarbeiter*innen für ihre sexuelle Gesundheit? Eine Studie der Deutschen Aidshilfe liefert Antworten und gibt beeindruckende Einblicke in sehr unterschiedliche Lebenssituationen.

Finanzielle und soziale Benachteiligung sowie Gewalt gefährden zunehmend die Gesundheit von Sexarbeiter*innen. Mit diesem Druck nimmt auch das Risiko von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI) zu, ebenso die Angst davor. Das ist ein zentrales Ergebnis einer zweijährigen Studie der Deutschen Aidshilfe (DAH) mit Förderung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Die Studie offenbart zugleich einen großen Bedarf an Informationen und die wichtige Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). Die Ergebnisse beinhalten elf konkrete Empfehlungen für Hilfs- und Präventionsangebote der Zukunft sowie den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Sexarbeit.

Umfassende Studie
Die Auswertung der Studie „Sexuelle Gesundheit und HIV/STI-Präventionsstrategien und -bedarfe von Sexarbeitenden“ weist dabei weit über die ursprüngliche Fragestellung hinaus. Nie zuvor hat eine wissenschaftliche Untersuchung die gesundheitliche Situation von Menschen in der Prostitution in Deutschland so vielfältig beschrieben – dies mit Blick auf Herkunft und geschlechtliche Identität ebenso wie auf verschiedene Motivationen für die Tätigkeit. Insgesamt 80 Sexarbeiter*innen aus 23 Herkunftsländern haben in Gruppengesprächen ihre Erfahrungen mitgeteilt, unter ihnen solche, die illegale Drogen konsumieren („Beschaffungsprostitution“), trans Menschen, Schwarze Menschen sowie Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen.

Hohes Interesse an sexueller Gesundheit
„Die meisten Studienteilnehmenden messen dem Thema sexuelle Gesundheit eine hohe Bedeutung bei und wünschen sich mehr Informationen zum Schutz vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen, insbesondere zur HIV-Prophylaxe PrEP. Diese Schutzmöglichkeit sollte auch häufiger in Gesundheitsämtern thematisiert und angeboten werden“, sagt Studienleiterin Eléonore Willems von der Deutschen Aidshilfe (DAH). Fast die Hälfte der Beteiligten hatte vor der Teilnahme an der Studie noch nichts von der medikamentösen Schutzmethode gewusst, viele hatten nur vage Kenntnisse.

Wichtige Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) spielen für die sexuelle Gesundheit von Sexarbeiter*innen generell eine wichtige Rolle, insbesondere durch die kostenlosen und anonymen HIV/STI-Untersuchungsangebote nach § 19 Infektionsschutzgesetz. Doch nicht überall in Deutschland gibt es bedarfsgerechte Angebote: Beratung und Testmöglichkeiten müssen vielerorts besser auf die Bedürfnisse von Sexarbeiter*innen abgestimmt werden, zum anderen müssen Gruppen wie trans Frauen, Drogen konsumierende Menschen oder migrantische junge Männer besser erreicht werden.

Dazu sagt Dr. Johanna Claass, Ärztin und Leiterin der Fachabteilung Sexuelle Gesundheit in der Sozialbehörde Hamburg sowie Mitglied im Projektbeirat der Studie: „Die Studie belegt eindrücklich, was wir in den Gesundheitsämtern täglich erleben: der ÖGD ist unverzichtbar für Menschen in der Sexarbeit. Es ist unsere Aufgabe, unsere Angebote gut bekannt zu machen, auch zu Randzeiten und über das Internet sowie in verschiedenen Sprachen ansprechbar zu sein. Noch aktiver müssen wir die Beratung zur PrEP angehen und die Verschreibung einfach und ohne unnötige Hürden gestalten.“

Krankenversicherungsschutz ist essenziell
Eine zentrale Hürde für viele Sexarbeiter*innen ist ein fehlender Krankenversicherungsschutz. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen die Notwendigkeit, dass alle Menschen Zugang zur Krankenversicherung beziehungsweise bei Bedarf zur HIV-Therapie oder HIV-Prophylaxe bekommen, auch Menschen ohne Aufenthalts­papiere. Nur so lässt sich die Gesundheit der Betroffenen schützen, Übertragungen werden sowohl durch die Therapie als auch durch die PrEP verhindert.

Vier Kernprobleme
Die Forscher*innen haben aus den Gruppengesprächen der Studie vier Kernprobleme identifiziert, die sich negativ auf die Gesundheit von Sexarbeiter*innen auswirken:

  1. Gewalterfahrungen und Angst vor Gewalt,
  2. finanzielle Not,
  3. psychische Belastungen, oft in Zusammenhang mit Stigmatisierung,
  4. fehlende Legalität und die Angst vor Strafverfolgung, etwa aufgrund von Sperrbezirken oder bei fehlender Anmeldung nach dem Prostituiertenschutzgesetz, bei Menschen ohne Aufenthaltspapiere die Angst vor Abschiebung.

Diese Probleme können Sexarbeiter*innen am aktiven Schutz ihrer Gesundheit hindern. So kann es Menschen in Not schwerfallen, auf dem Gebrauch von Kondomen zu bestehen – während Kunden immer häufiger auf Verzicht drängen.

Ausgrenzung reduzieren, Hilfsangebote ausbauen
„Wenn Menschen mit existenziellen Problemen kämpfen, erscheint Gesundheit zweitrangig. Wir müssen Menschen in der Sexarbeit ganzheitlich stärken und Hilfsangebote ausbauen“, sagt Eléonore Willems, Studienleiterin bei der Deutschen Aidshilfe. „Stattdessen geht zurzeit an vielen Orten die Finanzierung für Hilfs- und Präventionsangebote zurück.“

„Um Menschen in der Sexarbeit zu schützen, müssen wir ihre gesellschaftliche Situation verbessern, indem wir die rechtliche Verfolgung und Ausgrenzung abbauen“, konstatiert Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen Aidshilfe.

Caspar Tate, Sexarbeiter, Peer-Berater bei trans*Sexworks und Peer-Forscher in der partizipativen Studie sowie Mitglied im Projektbeirat aus Berlin führt aus: „Sexarbeitsfeindlichkeit, Rassismus und Transmisogynie führen zu Gewalt gegen Sexarbeiter*innen, ganz besonders gegen trans weibliche Sexarbeiter*innen. Wir möchten mit Respekt behandelt werden. Wir sind normale Menschen, keine Monster. Ausgrenzung und Isolierung haben eine negative Auswirkung auf die Gesundheit von Sexarbeiter*innen. Durch Projekte von und für Sexarbeiter*innen und akzeptierende Arbeit kann die Gesundheit in unserer Community gefördert werden.“

Lydia, Sexarbeiterin und Peer-Forscherin in der Studie aus Leipzig, sagt: „Diskriminierung und Kriminalisierung sind sehr belastend. In meiner Fokusgruppe waren Frauen, die ihr Arbeit gerne machen. Sie wünschen sich, offen über ihre Sexarbeit reden zu können, wie bei anderen Jobs auch. Können sie aber nicht. Sie haben Angst um ihren Hauptjob, Angst, dass ihre Kinder in der Schule gemobbt werden und Angst vor Benachteiligung, zum Beispiel bei Sorgerechtsstreitigkeiten oder bei der Wohnungssuche. Es gibt ein großes Bedürfnis nach Austausch untereinander.“

Unterstützen statt Verfolgen
Eines zeigt die Studie sehr deutlich: Jede Form von Arbeit unter nicht legalen Bedingungen verdrängt Sexarbeiter*innen in unsichtbare und unsichere Bereiche, wo sie für Prävention und Hilfsangebote nicht mehr erreichbar sind. Demensprechend sollten Sperrbezirke in allen Bundesländern abgeschafft werden. Dringend notwendig sind ein Ausbau von Sozialarbeit und Beratung sowie das Schaffen von Räumen für den Austausch untereinander.

Prävention auch für Kund*innen
Zudem muss die Prävention auch Kunden einbeziehen und dabei auf Respekt, faire Preise, die Nutzung von Kondomen sowie Aufklärung zu HIV und Geschlechts­krankheiten zielen.

Sexarbeit akzeptieren, Lebenssituationen verbessern
Nicht zuletzt gibt die Studie einen wertvollen Einblick in das Verhältnis, das Sexarbeiter*innen zu ihrer Tätigkeit haben. Studienleiterin Willems fasst zusammen: „Die dichotome Unterteilung in ‚unfreiwillige Prostituierte‘ und ‚selbstbestimmte Sexarbeiter*innen‘ ist zu kurz gedacht. Die Studienteilnehmenden haben äußerst kom­plexe und vielfältige Empfindungen und Einstellungen gegenüber ihrer Tätigkeit beschrieben. Für viele ist Sexarbeit eine Ressource: die beste oder sogar einzige Möglichkeit für sie, Geld zu verdienen und damit den eigenen Lebensunterhalt und in manchen Fällen auch den ihrer Familien zu sichern. Allgemeine Bewertungen von Sexarbeit sind fehl am Platz. Wir müssen uns dringend auf die Verbesserung der Lebenssituation und der Gesundheit von Menschen in der Sexarbeit konzentrieren.“

Beratung für Sexarbeiter*innen in Brandenburg:
INVIA – Streetwork – HIV-/Aids-Prävention im Land Brandenburg und grenzüberschreitenden Raum
Die Berliner und Brandenburger Beratungsstellen für Frauen, die von Menschenhandel betroffen sind, arbeiten eng mit IN VIA Streetwork – HIV-/Aids-Prävention im Land Brandenburg und im grenzüberschreitenden Raum zu Polen zusammen.

Kontakt: https://invia-berlin.de/schutz-fuer-frauen/

Weitere Informationen

Zitiert nach einer Pressemitteilung der Deutschen Aidshilfe (DAH) vom 10.04.2024

 

PrEP Angebot in Brandenburg

Das Wichtigste über die PrEP

PrEP bedeutet „Prä-Expositions-Prophylaxe“, auf Deutsch: Vorsorge vor einem möglichen HIV-Kontakt.
Die PrEP ist eine Safer-Sex-Methode, bei der HIV-Negative ein HIV-Medikament einnehmen, um sich vor einer Ansteckung mit HIV zu schützen.
Menschen mit erhöhtem HIV-Risiko bekommen die PrEP bei bestimmten Ärzt*innen verschrieben. Die PrEP-Medikamente und -Untersuchungen werden dann von der gesetzlichen Krankenkasse finanziert.
Empfohlen wird die PrEP zur täglichen Einnahme. Es gibt auch ein Einnahmeschema vor und nach dem Sex.
Wer die PrEP nimmt, muss regelmäßig auf HIV und die Nierenfunktion untersucht werden. Auch Untersuchungen auf andere Geschlechtskrankheiten gehören dazu. Eine gute ärztliche Begleitung ist deshalb für die PrEP wichtig.
Die PrEP schützt vor HIV, aber nicht vor anderen Geschlechtskrankheiten.

https://www.aidshilfe.de/hiv-prep#das-wichtigste-ber-die-prep

Versorgung in Brandenburg

Brandenburger Ärzt*innen:
Dr. Ines Liebold
Karl-Liebknecht-Straße 19 b-e 15827 Blankenfelde
03379 371937 megblankenfelde@gmx.de

Dr. Carsten Lange
Förster-Funke-Allee 104 14532 Kleinmachnow
033203 5850 c.lange@urologe-kleinmachnow.de

21. März der Internationale Tag gegen Rassismus – Aidshilfen gegen Rasismus

Mit der Kampagne „Aidshilfen gegen Rassismus“ sendet die Deutsche Aidshilfe eine klare Botschaft: Wir stehen an der Seite von Menschen, die rassistische Diskriminierung erleben.

Jedes Jahr wird am 21. März der Internationale Tag gegen Rassismus begangen. Rund um dieses Datum finden jährlich auch die Internationalen Wochen gegen Rassismus (IWgR) statt. Für Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen bieten die Aktionswochen Anlass, um auf gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit aufmerksam zu machen und ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen.

Mit der Kampagne „Aidshilfen gegen Rassismus“ informieren wir zum Thema, erklären uns solidarisch mit Menschen, die Rassismus erleben, und unterstützen die Auseinandersetzung mit Rassismus im Aidshilfe-Verband.

Im gleichnamigen Positionspapier verpflichtet sich die Deutsche Aidshilfe zur Antirassismusarbeit und erklärt, warum das Engagement gegen Rassismus Teil von struktureller HIV-Prävention ist. Es wurde im Oktober 2023 einstimmig von der DAH-Mitgliederversammlung verabschiedet.

Interessante beiträge dazu:

„Wir helfen anderen Frauen, damit sie nicht das Gleiche durchmachen müssen“: Geflüchtete Frauen werden mehrfach diskriminiert, sagt Madeleine Mawamba im Interview. Seit neun Jahren engagiert sie sich für „Women in Exile“. In der Organisation unterstützen sich Frauen mit Fluchterfahrung gegenseitig.

Foto: Inga Dreyer

„Diskriminierung auf Rezept“: Die rbb-Sendung „Jetzt mal konkret“ befasst sich mit Rassismus in der Gesundheitsversorgung und macht unter anderem rassistische Algorithmen in der medizinischen Diagnostik zum Thema

Mangel an HIV- und PrEP-Medikament

Voraussichtlich bis März kann der Bedarf an der Wirkstoffkombination Emtricitabin plus Tenofovirdisoproxil nicht gedeckt werden. Die Deutsche Aidshilfe und andere Akteure fordern Maßnahmen der Politik.

Der Mangel am HIV-Medikament mit den Wirkstoffen Emtricitabin+Tenofovirdisoproxil (FTC+TDF) hat sich weiter verschärft. Die Folge: Nutzer*innen mussten ihre HIV-Prophylaxe PrEP schon unterbrechen, HIV-Therapien wurden umgestellt, weitere PrEP-Unterbrechungen und Therapieumstellungen sind zu befürchten. Dieser Mangel, der die HIV-Prävention und auch die HIV-Behandlung massiv gefährdet und beschädigt, dürfte bis März anhalten.

Massiver Schaden für die HIV-Prävention und -Behandlung

Das nimmt vielen der Menschen, die sich mit der PrEP vor HIV schützen – derzeit in Deutschland knapp 40.000 – ihre Safer-Sex-Methode und manchen Menschen mit HIV, die mit dem Medikament behandelt werden, ihre Therapie. Für sie kann eine Umstellung auf ein anderes Medikament mit erheblichen Problemen verbunden sein, etwa belastenden Nebenwirkungen, und sie lässt sich auch nicht wieder rückgängig machen. Bei manchen Menschen mit HIV wird FTC+TDF im Rahmen einer sogenannten Salvage-Therapie („Rettungs-Therapie“) eingesetzt, weil es zum Beispiel aufgrund von Resistenzen keine anderen Optionen mehr gibt.

„Die PrEP ist ein wesentlicher Bestandteil der HIV-Prävention – wenn dieser Schutz vor HIV weiter ausfällt, wird das fatale Auswirkungen haben“, sagt Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe. Dass auch Therapien HIV-positiver Menschen nicht mehr gewährleistet sind, sei erst recht nicht hinnehmbar. „Die Politik darf Menschen, die dieses Medikament dringend brauchen, nicht im Stich lassen“, so Warminsky.

Runder Tisch zu Maßnahmen gegen den Engpass

Die Deutsche Aidshilfe (DAH), die ambulant tätigen HIV-Mediziner*innen (dagnä), die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG) und die Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA) haben sich mit Vertreter*innen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bei einem digitalen Runden Tisch zum Engpass bei Emtricitabin und Tenofovirdisoproxils beraten. Das BfArM ist zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) für Maßnahmen gegen Lieferengpässe zuständig.

Schnelle Reaktion des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte

Das BfArM hat zugesichert, Hersteller nach wirkstoffidentischen Medikamenten mit europäischer Zulassung im Portfolio zu fragen. Das Institut könnte dann deren Import nach den Paragrafen 10 und 11 des Arzneimittelgesetzes (AMG) gestatten und die Medikamente verfügbar machen.

Diese Lösung ließe sich relativ schnell umsetzen. Allerdings ist auch in den Nachbarländern nur begrenzt Ware auf dem Markt, in einigen Ländern wurden außerdem ebenfalls Engpässe gemeldet.

Die Teilnehmenden des Runden Tischs haben das BfArM darüber hinaus gebeten, beim Gesundheitsministerium auf die Feststellung eines Versorgungsmangels nach § 79 Abs 5 AMG hinzuwirken. Dies sei ein politisches Signal, um langfristig an der Versorgungssicherheit zu arbeiten, selbst wenn dieser Schritt nicht unmittelbar zu einer Verbesserung der Versorgungslage bis Anfang März beitragen sollte.

Einzelimporte sind möglich

Für Einzelimporte nach § 73 Absatz 3 des Arzneimittelgesetzes (Import von Medikamenten, die keine EU-weite Zulassung haben) müssen Apotheken vorher die Genehmigung der jeweiligen Krankenkasse einholen. Das BfArM bittet deshalb den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen um eine dringende Empfehlung zur Übernahme der Kosten (sowie zur Erstattung des Originalpräparats, sofern dies verfügbar ist).

Die Deutsche Aidshilfe empfiehlt Patient*innen und PrEP-User*innen, ihre Ärzt*innen und Apotheker*innen auf die Möglichkeit von Einzelimporten aufmerksam machen, auch wenn es keine Erfolgsgarantie gibt.

HIV-PrEP-Engpass: Versorgungssicherheit gewährleisten!

Um langfristig die Versorgung mit dem einzigen in Deutschland zur HIV-Prophylaxe PrEP zugelassenen Medikament zu sichern, das außerdem auch in der HIV-Therapie eine wichtige Rolle spielt, muss nach Auffassung des Runden Tischs nun das Gesundheitsministerium tätig werden.

Das BfArM will unterdessen auf Vorschlag der Deutschen Aidshilfe dem Beirat für Lieferengpässe für seine Sitzung Ende Januar empfehlen, FTC+TDF wieder auf die Liste der versorgungskritischen Wirkstoffe aufzunehmen. Dies hätte zwar kurzfristig keine Auswirkungen auf die Verfügbarkeit des Medikaments, könnte aber – sollte der Lieferengpass auch dadurch verursacht sein, dass in Deutschland europaweit die niedrigsten Preise für die Generika bezahlt werden – eine Grundlage sein, um über eine Anhebung der Festbeträge zu diskutieren.

Weitere Informationen zum Engpass

Pressemitteilung der Deutschen AIDS-Gesellschaft, der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken und der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin vom 16. Januar 2024 (PDF-Datei)

Start der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ zum Welt-Aids-Tag 2023

„Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ Welt-Aids-Tag 2023

https://www.welt-aids-tag.de/

Köln/Bonn/Berlin, 02. November 2023. Das eigene Wissen auf den Prüfstand stellen, sich Vorurteile bewusst machen und korrigieren – dazu regt die gemeinsame Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Deutschen Aidshilfe (DAH) und der Deutschen AIDS-Stiftung (DAS) zum Welt-Aids-Tag am 1. Dezember 2023 an. Unter dem Titel „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“ erzählen Menschen mit HIV von ihrem Leben und treten mit Informationen und Selbstbewusstsein Diskriminierung entgegen.

Dr. Johannes Nießen, Errichtungsbeauftragter des Bundesinstituts für Aufklärung und Prävention in der Medizin (BIPAM) und Kommissarischer Leiter der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): „HIV-positive Menschen erfahren zu oft Vorurteile, veraltete Vorstellungen vom Leben mit HIV und Berührungsängste. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, jeder Form von Ablehnung entgegenzuwirken, damit Menschen mit HIV ohne Stigmatisierung leben können.“

Stefan Miller vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe, selbst HIV-positiv: „In dieser Kampagne zeigen sich Menschen mitten im Leben. Sie demonstrieren einen selbstbewussten Umgang mit Abwertung, Benachteiligung und Berührungsängsten – alles leider immer wieder Teil ihres Alltags. Die Botschaft lautet: Diskriminierung muss sich niemand gefallen lassen.“

Dr. Kristel Degener, Vorstandsmitglied der Deutschen AIDS-Stiftung: „Bei allen Fortschritten dürfen wir nicht vergessen, dass sich auch immer noch Menschen mit HIV in schwierigen Lebenssituationen befinden. Manche Menschen brauchen zum Beispiel aufgrund ihrer langen Krankengeschichte besondere Unterstützung – gesundheitlich und finanziell. Alle Menschen mit HIV haben ein Recht auf ein solidarisches und respektvolles Miteinander. Wir alle können dazu beitragen.“

Vielfältige Menschen und Geschichten gegen Diskriminierung

Sieben starke Persönlichkeiten mit HIV berichten in der Kampagne von ihrem alltäglichen Erleben, ihrem HIV-positiven Coming-out und ihrem Umgang mit Widerständen. Das Spektrum reicht von der prominenten Drag Queen Barbie Breakout („Diskriminierung kannst du dir abschminken!“) über die ukrainische Sexualtherapeutin und Veranstalterin von Kuschelpartys Kristina („Ich lebe mit HIV. Komm kuscheln!“) bis hin zur bayerischen Postbotin Hildegard, die mit ihrem Coming-out nicht länger warten will („HIV-positiv: Jetzt zeig ich’s euch!“).

Die Geschichten der Protagonistinnen und Protagonisten in verschiedenen Formaten und Kanälen sind wichtiger Teil der Aktivitäten zum Welt-Aids-Tag in Deutschland – auch bei vielen Aktionen vor Ort.

Leben mit HIV heute

HIV ist heute gut behandelbar, wenn auch noch nicht heilbar. Hoch effektive Medikamente verhindern die Vermehrung des Virus im Körper. HIV-positive Menschen bleiben bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung gesund, erkranken also nicht an Aids. HIV ist unter Therapie nicht übertragbar.

Fast alle erleben Diskriminierung

Bei der Online-Befragung „positive stimmen 2.0“ gaben 90 Prozent der Befragten an, sie würden gut mit ihrer HIV-Infektion leben. Drei Viertel fühlten sich gesundheitlich nicht oder nur wenig eingeschränkt. 95 Prozent berichteten jedoch von mindestens einer diskriminierenden Erfahrung in den letzten zwölf Monaten aufgrund von HIV. 52 Prozent gaben an, durch Vorurteile in ihrem Leben beeinträchtigt zu sein.

Benachteiligung, Zurückweisung und Berührungsängste kommen in allen Lebensbereichen vor, wie eine Umfrage der Deutschen Aidshilfe aus dem Jahr 2020 zeigt: Knapp ein Viertel der Befragten wollte mit HIV-positiven Menschen lieber nicht Geschirr oder Sportgeräte teilen, ein Fünftel fürchtete sich, dieselbe Toilette zu benutzen. Nur die Hälfte der befragten Menschen würde eine HIV-positive Person küssen, die ihnen sympathisch ist. Dabei ist HIV in keiner dieser Situationen übertragbar, unter Therapie auch beim Sex nicht.

Welt-Aids-Tag am 1. Dezember

Der Welt-Aids-Tag ist der Tag der Solidarität mit HIV-positiven Menschen und des Gedenkens an die an Aids Verstorbenen. Er wird seit 1988 jedes Jahr am 1. Dezember begangen. Die wichtigsten Ziele sind ein diskriminierungsfreier Umgang und Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Menschen weltweit.

HIV in Deutschland und weltweit

In Deutschland lebten Ende 2021 nach Angaben des Robert Koch-Instituts 90.800 Menschen mit HIV. Weltweit waren es 2022 nach Angaben von UNAIDS 39 Millionen Menschen.

Gemeinsame Online-Angebote der Kampagnenpartner BZgA, DAH und DAS zum Welt-Aids-Tag und der Kampagne „Leben mit HIV. Anders als du denkst?“:

www.welt-aids-tag.de

www.facebook.com/WeltAidsTag

https://twitter.com/weltaidstag_de

www.instagram.com/weltaidstag

Informationen der BZgA:

www.liebesleben.de

Informationen der Deutschen Aidshilfe:

www.aidshilfe.de

Informationen der Deutschen AIDS-Stiftung:

www.aids-stiftung.de

40 Jahre Deutsche Aidshilfe. Mehr als du denkst.

Von der Sterbebegleitung bis zur Sexualpädagogik: Die Deutsche Aidshilfe war schon immer mehr, als ihr Name versprach und ist in den letzten vier Jahrzehnten über sich hinausgewachsen. Heute setzt sie sich in vielfältiger Weise für das Wohlbefinden vielfältiger Menschen und eine offene Gesellschaft ein.

Am 23. September 1983 wurde die Deutsche Aidshilfe gegründet, um einer neuen tödlichen Krankheit etwas entgegenzusetzen. Heute ist HIV behandelbar. Prävention, Beratung und Engagement gegen Ausgrenzung bleiben unverzichtbar – nur machen wir es jetzt drei Nummern größer. Die Deutsche Aidshilfe ist heute ein Verband mit 115 Mitgliedsorganisationen in ganz Deutschland.

Hier folgt keine Festschrift, sondern die kürzest mögliche Einführung in Geschichte und Gegenwart der Aidshilfe mit Links zum Weiterlesen. In den kommenden Wochen werden wir in unseren Kommunikationskanälen Aidshilfe-Arbeit in ihrer ganzen Vielfalt zeigen. Mehr als du denkst!

Um mehr zu erfahren, einfach auf den Link klicken!

 

7 Kliniken in Brandenburg bieten, Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung

Vergewaltigt – was nun? Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung

Die Oberhavel Klinik Oranienburg  beteiligt sich ab sofort am Projekt: „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung„. Es ist damit das siebente Krankenhaus im Land Brandenburg, das Betroffenen von sexualisierter Gewalt untersttzt und Spuren sichert, ohne dass der Vorfall vorausgehend bei der Polizei gemeldet werden muss.
Mit der Spurensicherung haben Betroffene, unabhängig von einer Anzeige, neben der medizinischen Betreuung vertraulich von einer Ärzt*in Tatspuren sofort sichern zu lassen. Wenn Betroffenen sich erst später für eine Anzeige entschieden entscheiden, kann die Polizei auf das archivierte Beweismaterial zurckgreifen.
Die vertrauliche Spurensicherung wird in sechs Brandenburger Kliniken angeboten:
Carl-Thiem Klinikum Cottbus;
Ernst von Bergmann Potsdam;
Klinikum Frankfurt (Oder);
Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel;
Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg in Neuruppin;
Alexianer St. Josefs Krankenhaus
Oberhavel Kliniken, Standort Oranienburg.

Wenn ein Opfer in einer der sechs Kliniken kommt,  sollte bei der Aufnahme den Schlüsselsatz gesagt werden: „Ich brauche dringend eine Gespräch mit einer Gynäkolog*in/ einem Urolog*en“ und darauf aufmerksam machen, dass eine sexuelle Gewalttat bzw. eine Vergewaltigung stattgefunden hat. In diesem Fall wird es unverzüglich zu der entsprechenden Station weitergeleitet. Dort wird in ruhiger Atmosphäre das weitere Vorgehen mit der/dem Ärzt*in beraten. Auf Wunsch wird auch der Kontakt zu Opferunterstüzungseinrichtungen vermittelt, die Betroffene nachsorgend beraten.

Informationen zur medizinischen Soforthilfe und vertraulichen Spurensicherung:
http://www.opferhilfe-brandenburg.de

und auf der Internetseite:
https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/themen/frauen-und-gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/hilfe-nach-vergewaltigung/

Beratungsangebot für Menschen aus der Ukraine

Die Deutsche Aidshilfe hat eine neues Beratungsangebot für Menschen aus der Ukraine. Die bisher bestehende Hotline „Help now“ hat ihre Arbeit engestellt. Das neue Beratungsangebot ist für ukrainisch- und russischsprachige Menschen.

Menschen können sich telefonisch oder per Telegram an die Nummer

(+49) 157 374 116 04

wenden.

Ratsuchende können hier erfahren:

Wie sie an HIV-Medikamnete kommen
Wie sie an Substitution kommen
Wo die nächste Aidshilfe ist
Welche sonstigen Angbote zur Verfügung stehen (z.B. wegen Hormontherapie für trans* & nicht-binäre Menschen)

Die Nummer ist von Montag bis Freitag von 10 – 15 Uhr besetzt.

 

UNAIDS: Wir können Aids bis 2030 beenden – müssen aber wollen und handeln

Aids beenden: „95 – 95 – 95 – Ziele“

13. Juli 2023

Die Weltgemeinschaft kann Aids bis 2030 beenden. Dafür muss sie den politischen Willen und die nötigen Mittel aufbringen. Dies macht UNAIDS im „Global AIDS Update 2023“ deutlich.

Unter dem Titel „The Path that Ends AIDS“ stellt die Aids-Organisation der Vereinten Nationen einige Erfolgsbeispiele vor. So haben etwa Botswana, Eswatini, Ruanda, Tansania und Simbabwe die „95-95-95“-Ziele bereits erreicht. Das bedeutet, dass mindestens 95 Prozent der Menschen, die mit HIV leben, ihren HIV-Status kennen. Von ihnen erhalten 95 Prozent lebensrettende HIV-Medikamente, und bei 95 Prozent wirken die Medikamente so gut, dass die HIV-Vermehrung unterdrückt ist und HIV sexuell nicht übertragbar ist. Weitere 16 Länder – davon acht in Subsahara-Afrika und damit in der Region, in der 65 Prozent aller Menschen mit HIV weltweit leben – seien kurz davor, dieses zentrale Ziel zu erreichen.

Ein anderes Beispiel: 2022 hatten 82 Prozent der schwangeren und stillenden Frauen, die mit HIV leben, Zugang zu HIV-Medikamenten. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen bei Kindern ist dadurch seit 2010, wo nur 46 Prozent der Frauen HIV-Medikamente bekamen, um 58 % zurückgegangen.

Entscheidend sind der politische Wille und die finanziellen Mittel

Entscheidend für diese Erfolge seien allein der politische Wille und die bereitgestellten finanziellen Ressourcen, so das Fazit des Reports. So seien die größten Fortschritte in jenen Ländern und Regionen zu verzeichnen, in die am meisten Geld investiert wurde, etwa im östlichen und südlichen Afrika. Dort ist die Zahl der HIV-Neuinfektionen seit 2010 um 57 Prozent gesunken ist.

Es bleibt viel zu tun auf dem Weg, der Aids beendet

Noch immer allerdings bekommen 9,2 Millionen Menschen mit HIV keine HIV-Medikamente, darunter 660.000 Kinder.

Noch immer sterben Menschen an den Folgen von Aids, obwohl das vermeidbar wäre – im Jahr 2022 eine Person in jeder einzelnen Minute.

Und noch immer gibt es viele HIV-Infektionen, die man unter anderem mit Investitionen in Prävention und die die Stärkung von Schlüsselgruppen und Gesundheitssystemen vermeiden könnte: 1,3 Millionen im Jahr 2022, davon überproportional viele Mädchen und Frauen, insbesondere in Subsahara-Afrika.

Die finanziellen Mittel müssen steigen

Die Mittel, die aus internationalen und nationalen Quellen in die HIV-Prävention und -Versorgung investiert werden, müssten eigentlich steigen. Stattdessen sind sie 2022 gesunken – auf das Niveau von 2013!

20,8 Milliarden Dollar wurden 2022 bereitgestellt, nicht annähernd so viel, wie erforderlich wären. 2025 brauchen wir 29,3 Milliarden Dollar.

Politisch Verantwortliche müssen Führung zeigen

UNAIDS-Chefin Winnie Byanyima ermutigt daher die politisch Verantwortlichen, die Herausforderungen anzunehmen: „Sie könnten künftigen Generationen als diejenigen in Erinnerung bleiben, die der tödlichsten Pandemie der Welt Einhalt geboten haben“, erklärte Byanyima. „Sie könnten Millionen von Leben retten und die Gesundheit aller Menschen schützen. Sie könnten zeigen, was Führung bewirken kann.“

Weitere Informationen:

Link zum Global AIDS Update 2023 (PDF-Datei in englischer Sprache): www.unaids.org/sites/default/files/media_asset/2023-unaids-global-aids-update_en.pdf

 

Allyship-Kampagne „Ich bin dran!“, eine neue Kampagne der Deutschen Aidshilfe (DAH)

Die Deutsche Aidshilfe (DAH) hat die Allyship-Kampagne „Ich bin dran!“ gestartet. Sie will dazu motivieren, als Verbündete*r gegen Stigmatisierung und Diskriminierung aktiv zu werden.

Unter www.ichbindran.de stellt die Kampagne in den kommenden Monaten dazu Rollenmodelle mit unterschiedlichen Themen vor. Ihre Beispiele schärfen das Bewusstsein für Alltagsdiskriminierung und zeigen, wie man selbst Ally werden kann – sei es bei der Arbeit oder im Gesundheitswesen, beim Dating oder im Zusammensein mit Familie und Freund*innen.

Den Anfang macht Tattoo Artist Diego. Er sagt: „Beim Tätowieren spielt HIV für mich keine Rolle!“ – weil er weiß, dass die Standardhygienemaßnahmen sicher vor HIV schützen. Diegos Move gegen HIV-Diskriminierung ist deshalb, dass er im Erstgespräch oder Fragebogen nicht nach einer HIV-Infektion fragt und seine Kolleg*innen aufklärt.

Gegen Diskriminierung vorgehen: Verbündete helfen

Menschen mit HIV erfahren auch heute noch vielfältige Stigmatisierung und Diskriminierung – oft in Überschneidung mit anderen Diskriminierungen wie Rassismus oder Abwertung als Drogengebraucher*innen.

Umso wichtiger ist es, dass sich Verbündete finden, die etwas gegen Diskriminierung unternehmen. Das unterstützt und setzt ein Zeichen für ein gutes gesellschaftliches Miteinander.

Jetzt heißt es „Ich bin dran!“

Jede*r kann Ally werden – deswegen sagt die Allyship-Kampagne uns allen: Du bist dran.

Infos und Ideen, wie sich jede*r gegen Diskriminierung und für eine inklusive Gesellschaft einsetzen kann, finden sich auf der Kampagnen-Website ichbindran.de.

Begleitet wird „Ich bin dran!“ von Aktivitäten in den Sozialen Medien: